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Hessenliga: Nur fast viel Glück gehabt

Die Schachabteilung des Frankfurter Turnvereins von 1860 hat einen beneidenswerten Aufstieg hinter sich: Es begann in der Saison 2004/05, als der Verein Meister der Bezirksklasse Frankfurt wurde. Und dann schön im regelmäßigen Takt: 2006/07, 2009/10, 2010/11 und schließlich letztes Jahr: lauter Aufstiege bis in die Hessenliga.

Dieser Trend kommt nicht von ungefähr: Die Mannschaft ist wohl die jüngste in der Hessenliga - es sind die Früchte einer erfolgreichen Jugendarbeit, die hier wirken!

Es war also das erste Aufeinandertreffen von Bad Homburg I und Frankfurter TV 1860 I - und beide Teams plagten vor der Saison nicht erwartete Abstiegssorgen.

Zudem musste Bad Homburg 2 Ersatzleute aufbieten - aber um es vorweg zu nehmen: An denen lag es nicht! Sie glänzten mit 2 Siegen.


Volles Haus im FTV: 4 der 5 Mannschaften hatten Heimspiel. Ja, der FTV ist inzwischen auch ein großer Verein. Und 3 der 5 Mannschaften kämpfen um den Aufstieg.

Es begann ungeschickt, als sich Walter Schmidt in das Theorie-Lager seines Gegners begab und nach einer langen Theorievariante mit Weiß schon nach 19 Zügen eine Zugwiederholung zulassen musste. Aber es kam noch dicker: Mannschaftsführer Volker Novak bekam kein Bein auf den Boden und musste schon früh die Segel streichen. Da es zu dem Zeitpunkt auch an Richard Kaisers und an Hellmuth Lebermanns Brett schlecht aussah, roch das ganze nach einer hohen Niederlage.

Der erste Lichtblick dann aber an Brett 7: Manfred Kühlmeyer hatte seinen jungen Gegner (und bisherigem Top-Scorer) Murat Diyap mit Weiß in einer scharfen Variante an die Wand gespielt. Im linken Diagramm verlor dieser unerwartet die Nerven und zog 17. ... Lxc3 18. bxc3 Dxc3 19. Tb1, aber das rächte sich schnell. Im rechten Diagramm brachte 21. fxg6! Txf3 22. gxh7+ den vollen Punkt nach Bad Homburg.

Es stand jetzt erst einmal lange 1½-1½, aber das Match schien völlig in den Händen des FTV zu sein. Als dann noch ein Flüchtigkeitsfehler von Ralf Dunsbach (gegen den Neuntplatzierten Peter Keller aus dem Rhein-Main-Open 2014) dessen Gewinnchancen zunichte machte, schien alle Hoffnung verloren. In dieser Phase entschied sich Ingo Hanemann vorbildlich, seine totremise Stellung weiterzuspielen.


Krise an den hinteren Brettern: Bad Homburg (links) quälten überall Sorgen.

Es kam zu einer erhofften, aber unerwarteten Verschärfung der Partie, als Ingo Hanemann in der Diagrammstellung mit 35. La6!? c4! 36. Lxb5 cxb3 37. Lc4 a4 alles auf eine Karte setzte. Die schwarzen Bauern blieben lange unbeweglich, stellten jedoch eine ständige Gefahr dar.

Viel später nutzte sein Gegner diese Möglichkeiten zu 55. ... b2 56. La2 Lxe5! und Weiß war gezwungen, mit 57. Kg5 Lxf6+ 58. Kxh5 die Gewinnversuche abzubrechen. Und leider - es war wirklich kein guter Tag - unterlief Ingo Hanemann dann in der Abwicklung noch ein Fingerfehler, der die Partie zur Niederlage verdarb.

In der Zwischenzeit hatte auch Ryhor Isserman seine Gewinnversuche eingestellt, als sein letzter Bauer verloren ging und Richard Kaiser seine schlechte Stellung aufgegeben. Damit stand es schon 4½-2½ für den FTV und das Match war entschieden.


Die letzte Partie: Auch Hellmuth Lebermann, (stehend, 4.v.l.), hielt es nicht mehr am Brett: Er steht inzwischen nach großer kämpferischer Leistung auf Gewinn!

Damit kam die große Phase von Hellmuth Lebermann leider zu spät: Er hatte lange Zeit eine Druckstellung auszuhalten gehabt, sich für ein Qualitätsopfer entschieden - und dann nach und nach mit Sticheleien angefangen. Plötzlich stand er sogar besser und ließ es sich nicht nehmen, mit aller Konsequenz auf Gewinn zu spielen! Ein toller Sieg war der Lohn, wenn er auch nur für die Brettpunkte zählt.

Das Hessenliga-Flaggschiff von Bad Homburg ist damit wieder auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht und es sieht ein bißchen so aus, als ob am 19. April, in der Zentralen Endrunde in Kirdorf, die Abstiegsentscheidung gegen den SC Fulda fällt. Aber andererseits ist in dieser Saison alles möglich. Vielleicht kommt es noch ganz anders. (W.S.)

Die Einzelergebenisse:

SAbt. FTV Frankfurt 1860 SK Bad Homburg  4,5-3,5 
Brüggemann,Ludger  2249  FM Isserman,Ryhor  2234  ½-½
Keller,Peter  2067  FM Dunsbach,Ralf, Dr.  2097  ½-½
Rutkowski,Ingo  2134  Schmidt,Walter  2142  ½-½
Neininger,Ralph, Prof. Dr.  2096  Kaiser,Richard  2089  1-0
Ottmann,Martin  2085  Hanemann,Ingo  2114  1-0
Krzesinski,Paul  2066  Novak,Volker, Dr.  2067  1-0
Diyap,Murat  2071  Kühlmeyer,Manfred  2051  0-1
Hristovski,Srdzan  2110  Lebermann,Hellmuth  1920  0-1

Bericht beim FTV: Gleiche Schwerpunkte, andere Perspektive